Ein wenig elektrische Stimulation in einem bestimmten Gehirnbereich lösten bei einer 22-jährigen Frau seltsame Empfindungen aus. Sie berichtete, dass sie von einem „Schattenwesen” verfolgt wurde, das sie nachahmte und beeinflusste.

Schweizer Forscher haben durch die elektrische Stimulation eines bestimmten Hirnbereichs bei einer 22-jährigen Frau vorübergehend ein klassisches Schizophrenie-Symptom erzeugt: das Gefühl, dicht von einer anderen Person verfolgt zu werden. Die Patientin gab an, dass „Schattenwesen” ahme hinter ihrem Rücken ihre Körperhaltung nach und versuche auch, in ihre Handlungen einzugreifen, berichten die Wissenschaftler im Journal „Nature” vom Donnerstag. Sie hoffen, mit Hilfe dieser und weiterer Untersuchungen mehr über die Mechanismen zu erfahren, die psychiatrischen Störungen wie Paranoia oder Verfolgungswahn zu Grunde liegen.

„Schattenwesen” wollte ihr Karte wegnehmen

Die Wahrnehmungsstörung trat auf, während die Frau auf eine Gehirnoperation zur Behandlung ihrer epileptischen Anfälle vorbereitet wurde. Die Mediziner um Olaf Blanke von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (Schweiz) stimulierten dazu verschiedene Gehirnbereiche. Jedes Mal, wenn sie einen bestimmten Teil des linken Schläfenlappens anregten, berichtete die Patientin von dem Gefühl, eine andere Person befinde sich ganz in ihrer Nähe. Sie beschrieb das „Schattenwesen” als jung und von unbestimmtem Geschlecht, es spreche und bewege sich nicht, nehme aber immer exakt ihre eigene Körperhaltung ein.

Während einer Stimulation umarmte die Patientin sitzend ihre eigenen Knie. Nun meinte sie, von hinten auch von dem "Schattenwesen" umarmt zu werden, was sie als unangenehm empfand. Als sie während eines Sprachtests eine Karte in der Hand hielt, habe das "Schattenwesen" gar versucht, ihr die Karte wegzunehmen und sie vom Lesen abzuhalten. Was die Patientin als Schatten beschreibt, ist vermutlich eine Wahrnehmung ihres eigenen Körpers, schreiben die Wissenschaftler. Der Gehirnbereich, der die Illusion hervorrufe, sei unter anderem bei der Unterscheidung von „Selbst” und „Anderen” und bei der Vernetzung verschiedener Körpersinneseindrücke beteiligt.

Gefühl des Verfolgtwerdens bei Schizophrenie

Die Anwesenheit eines „Schattenwesens” ist immer wieder von Patienten mit unterschiedlichen psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen beschrieben worden, schreiben die Wissenschaftler. Unter anderem zähle das Gefühl des Verfolgtwerdens zu den Symptomen einer Schizophrenie. (Fachartikel-Identifikationsnummer: DOI: 10.1038/443287a)
Quelle: www.stern.de

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