Washington (ddp). Israelische Forscher könnten einen Weg gefunden haben, die Gehirnzellen bei Multipler Sklerose vor den Angriffen des Immunsystems zu schützen: Mithilfe eines körpereigenen Botenstoffs gelang es ihnen zu verhindern, dass sich die Schutztruppen des Immunsystems im Gehirn gegen die Nervenzellen wenden. Genau dieses Umschwenken vom Verbündeten zum Feind verursacht sonst die typischen Nervenschäden und die damit einhergehenden neurologischen Störungen bei der Multiplen Sklerose. Über die Studie des Teams um Michael Schwartz vom Weizmann-Institut in Rehovot berichtet der Online-Dienst der Fachzeitschrift «Science». Die Immunzellen der Mikroglia - einer Gewebeschicht, die die Gehirnzellen umgibt - sind normalerweise für den Schutz der sensiblen Neuronen zuständig. Manchmal beginnen diese Schutzzellen jedoch, die Nervenzellen anzugreifen: Sie produzieren ein Eiweiß namens TNF-alpha, das die Isolationsschicht um die Gehirnzellen auflöst und damit Kurzschlüsse zwischen den Nervenfasern verursacht. Was die Zellen dazu veranlasst, ihre eigenen Schutzbefohlenen zu attackieren, war bislang nicht genau bekannt. Es gab jedoch Hinweise darauf, dass diese Angriffe durch ein so genanntes Interferon ausgelöst werden - eine Art körpereigener Kampfstoff, der hauptsächlich zur Virenabwehr produziert wird. Um zu untersuchen, wie die Verwandlung der Mikrogliazellen genau vor sich geht und ob sie sich verhindern lässt, untersuchten Schwartz und sein Team Ratten und Mäuse mit künstlich herbeigeführter Multipler Sklerose. Dabei stellten die Forscher fest, dass sich die Schutzzellen nur dann in bösartige Angreifer verwandeln, wenn das Immunsystem extrem große Mengen Interferon produziert. Bei den normalerweise im Körper vorherrschenden Konzentrationen verhielten sich die Zellen dagegen völlig unauffällig. Interessanterweise wurde die Wirkung des Interferons vollständig aufgehoben, wenn zusätzlich ein verwandter Botenstoff namens Interleukin-4 anwesend war. Unter diesen Bedingungen kehrten die Mikrogliazellen wieder zu ihrer ursprünglichen Arbeit zurück und veranlassten zusätzlich sogar, dass beschädigte Teile der Nervenzellisolation repariert wurden. Zwar sei es zu früh, diese Ergebnisse direkt auf den Menschen zu übertragen, kommentieren die Forscher. Sollte es beim Menschen jedoch einen ähnlichen Mechanismus geben, könnte auf Basis dieser Entdeckung einmal eine Therapie entwickelt werden, die den Aufbau beschädigter Nervenfasern veranlasst.

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